Inken Weiand
RVV Verlag
Gewalt ist eines der beherrschenden und gleichzeitig beängstigenden Themen unserer Zeit. Das Ausmaß der Gewalt in Familien, auf dem Schulhof oder im Internet ist erschreckend – und doch scheint es sich um ein Tabuthema zu handeln. Man spricht lieber nicht darüber.
Dieses Buch will die Problematik ins Bewusstsein rücken, mit Geschichten aus dem ganz alltäglichen Umfeld der jugendlichen Leser.
Mit 23 Kurzgeschichten verschiedener Autoren. Herausgegeben von Stephan Rollfinke.
Er heißt Bernd, und das reicht eigentlich schon. Wer heißt schon Bernd? Wer Bernd heißt, der ist out. Total out. Der kann auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Bei den Lehrern nicht, und erst recht nicht bei den Schülern. Ich kannte ihn vom Sehen her, in der achten Klasse war die Stufe neu aufgeteilt worden. Und da kam er eben in meine Klasse. Wer in meiner Klasse cool sein wollte, musste rauchen, schwarze Stiefel tragen und schon eine Freundin oder einen Freund gehabt haben. Am besten musste er auch noch mit Mike befreundet sein, oder zumindest so halbwegs zu seiner Clique gehören. Was er aber auf keinen Fall durfte, war geflickte Hosen mit Bügelfalten tragen. Und das tat Bernd. Er hatte immer so halbwegs seine Hausaufgaben und meldete sich, wenn er sie nicht hatte. Er bestellte noch Milch, obwohl wir schon in der Achten waren. Als ihm einmal doch jemand eine Zigarette anbot, lehnte er ab. Er lud nie jemanden nach Hause ein, im Sport war er eine Null. Kurzum: Er war ein erbärmlicher, kleiner Streber ohne den Hauch einer Chance bei seinen Mitschülern. …
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des RVV Verlags